Darf man Wikipedia denn verwenden?

 

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Image by Michell Zappa via Flickr

Immer wieder taucht die Frage auf, darf man in wissenschaftlichen Arbeiten Wikipedia verwenden. Nun zunächst muss man wissen, wofür will man denn auf Wikipedia zurückgreifen. Soll etwa aus Wikipedia zitiert werden, so gilt für alle wissenschaftlichen Arbeiten, dass bevorzugt Primärquellen zu verwenden sind. Das ist Wikipedia sicher nicht - aber genauso wenig sind das der Brockhaus, Meyers Lexikon oder die Encyclopedia Britannica, um nur einige zu nennen. Ausnahme von der Regel könnte etwa sein, wenn die Wandlung der Bedeutung eines Begriffes vom 18. Jahrhundert ausgehend (Zedlers Großes Universallexicon) bis in die Gegenwart in den verschiedenen Auflagen der großen Lexika aufgezeigt werden soll. Hier könnte durchaus auf die einzelnen Lexikabeiträge zurückgegriffen werden, ja sogar daraus zitiert werden.

Alle Lexika, ob online oder offline, sind aber wunderbare Einstiegshilfen in eine neue Thematik. Sie helfen dabei einen Begriff schnell in seinen Kontext einzuordnen. Darüber hinaus bieten die Lexika auch Hinweise auf relevante Primärliteratur. Hierauf kann dann zurückgegriffen werden.

Wie sieht es aber mit der Qualität der Beiträge in Wikipedia aus. Bei Wikipedia kann ja jeder jederzeit einen Beitrag schreiben, verändern, verfälschen oder einfach nur "dummes Zeug" schreiben. Hier hilft ein einfaches Prinzip der Wikis dabei, zumindest mutwilliges Verändern auf Dauer zu unterbinden. Bei Wikis ist es nämlich viel aufwendiger einen Beitrag zu verändern, als den alten Zustand wieder herzustellen. Damit der soeben geschriebene Beitrag auch dauerhaft Bestand hat, sollte man also sich darum bemühen konsenzfähige Inhalte zu schreiben, die auch dem kritischen Blick anderer standhalten.

Um die Qualität der Beiträge zu überprüfen, testete die Zeitschrift Stern Wikipedia im Vergleich mit dem Brockhaus. Man kann über die angewandte Methodik in diesen Artikel streiten, und der Stern ist sicher kein wissenschaftliches Journal, das Ergebnis fiel jedenfalls zugunsten von Wikipedia aus. Lediglich in der Lesbarkeit seien die Beiträge im Brockhaus besser.

Anders sieht es mit dem Vergleich zwischen Wikipedia und der Encyclopedia Britannica (dem quasi Gold Standard bei den Lexika) aus. Dieser wurde von der sehr renommierten wissenschaftlichen Zeitschrift Nature durchgeführt und kam zum Ergebnis, das Wikipedia nahe an die Britannica heran kommen würde, was die Genauigkeit wissenschaftlicher Begriffe angehe. Special Report: Internet encyclopaedias go head to head. Nature 438, 900-901 (15 December 2005).

Hierzu wurde eine 20-seitige Erwiderung durch die Britannica veröffentlicht, in der versucht wurde, die von Nature durchgeführte wissenschaftliche Studie zu widerlegen (PDF download). Nature wurde aufgerufen die Studie zurückzuziehen. Nature sah allerdings keinen Grund dazu, wie in einer Gegendarstellung erläutert wurde (PDF download).

Folgt man diesen Schriften, so ist Wikipedia durchaus eine ernst zu nehmende Alternative zu herkömmlichen Lexika geworden. Dass hier durchaus auch kommerzielle Interessen eine große Rolle spielen, kann auch daran ermessen werden, dass das Internetangebot Meyers Lexikon online zum 23.03.2009 eingestellt wurde.

 

 

 

 

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